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Thomé Newsletter 33/2021 vom 12.09.2021

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,

mein heutiger Newsletter zu folgenden Themen: 


1. Geschlossen Eingangszonen in Jobcentern – Jobcenter Wuppertal nicht offen für Kritik

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In vielen Städten sind nach wie vor geschlossene Eingangszonen der Jobcenter ein Problem. Auch so in Wuppertal, wo das Jobcenter nach anderthalb Jahren Pandemiebetrieb und massiver Kritik offenbar immer noch kein Konzept hat, um seinen gesetzlichen Pflichten nachzukommen und einen niederschwelligen und direkten Zugang zu Sozialleistungen zu ermöglichen. Die Folgen von fehlender Zugänglichkeit können für Betroffene nicht verwirklichte Leistungsansprüche, existenzielle Notlagen, wie Mittellosigkeit, Verschuldung, Energiesperren sowie Wohnungskündigungen bis hin zu Räumungen sein. Daher hatte der Verein Tacheles eine Kontrolle zur Ist-Situation, wie der telefonischen und persönlichen Erreichbarkeit, dem beweissicheren Zugang von Unterlagen und der Zugänglichkeit zu Antragsformularen für Betroffene, durchgeführt. Auf diese Situation hatte Tacheles mit einer Presseerklärung und Veröffentlichung des Zustandsberichts hingewiesen.  Leider bestreitet der Leiter des Wuppertaler Jobcenters  nachfolgend alles und vergleicht die momentane Schließung des Cafébetriebes des Vereins Tacheles gar mit der Schließung der Eingangszonen seines Jobcenters.
Der Genuss einer Tasse Kaffee im Rahmen eines Spaziergangs wird von Jobcenterleiter Lenz also mit der Schließung einer Einrichtung der Grundversorgung gleichgesetzt.
Es wird Zeit, dass in Wuppertal und überall darauf hingearbeitet wird, dass die Jobcenter wieder offen zugänglich sind! Hier sind die Probleme aufzuzeigen und Forderungen zu stellen! Der Vorgang von Wuppertal kann dafür eine Vorlage sein.

Hier geht es zur Tacheles Presseerklärung und zum Bericht vom 5.9.: https://t1p.de/pmom
Hier die prompte Stellungnahme vom Jobcenter: Jobcenter weist Vorwürfe von Tacheles zurück
Und hier zur erneuten Stellungnahme vom 8.9. : https://t1p.de/a38k

2. Wichtige Weisung der BA zum Krankenversicherungsschutz bei wohnungslosen SGB II-Empfänger*ìnnen
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Die BA hat nun eine Weisung zur Sicherung der  existenzsichernden Leistungen sowie Kranken- und Pflegeversicherungsschutz bei erwerbsfähigen wohnungslosen Leistungsberechtigte herausgegeben.  Es werden darin Regeln aufgestellt, nach denen Wohnungslose nicht mehr aus dem Leistungsbezug und damit aus dem Krankenversicherungsschutz  fallen sollen. Dadurch wird auch der durchgehende Kranken- und Pflegeversicherungsschutz praktisch sichergestellt.

Link zum Dokument: https://www.arbeitsagentur.de/datei/weisung-202108006_ba147135.pdf


Ich möchte noch auf die Weisung zu § 67 SGB II verweisen, in der auch einige wichtige Punkte zur Arbeit mit Wohnungs- und Obdachlosen enthalten sind, wie zur Aussetzung bzw. Fingierung der  postalischen Erreichbarkeit und zur Barauszahlung von Leistungen: https://t1p.de/c4jm

3. Leistungen nach SGB II, Integrationskurse für afghanische Ortskräfte
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Durch deutsche Evakuierungsflüge sind lediglich 138 Ortskräfte der Bundeswehr und 496 Familienangehörige aus Afghanistan nach Deutschland ausgeflogen worden. Insgesamt geht die Bundesregierung von 40.000 Menschen aus, „die einen Bezug zu Ortskräften haben“ und noch aufgenommen werden müssten. Die Betroffenen erhalten ein Ausnahmevisum nach § 14 Abs. 2 AufenthG und anschließend eine Aufenthaltserlaubnis nach § 22 S. 2 AufenthG. Hierzu hat Pro Asyl wichtige Informationen zusammengestellt.
Zu den Fragen des SGB-II-Anspruchs und des Zugangs zu den Integrations- und Berufssprachkursen hat das BMAS nun eine Verfahrensinformation herausgegeben. Darin wird u. a. klargestellt:

  • Es besteht ab Einreise dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen nach SGB II. Dies gilt auch schon mit dem Einreisevisum und auch innerhalb der ersten drei Monate (§ 7 Abs. 1 S. 3 SGB II). Dasselbe gilt für Familienangehörige (siehe Fachliche Weisung zu § 7 SGB II, Nummer 1.4.9.4).
  • Es besteht die Berechtigung zu jeder Erwerbstätigkeit (§ 22 S. 2 AufenthG i. V. m. § 4a Abs. 1 AufenthG)
  • Es besteht Zugang zu allen Förderinstrumenten des SGB II / III
  • Es besteht Zugang zum Integrationskurs o nach Verpflichtung durch das Jobcenter (§ 44a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AufenthG) oder o nach Verpflichtung durch die ABH (§ 44a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG) oder o nach Antrag auf (nachrangige) Zulassung durch das BAMF gemäß § 44 Abs. 4 AufenthG.
  • Es besteht Zugang zu den berufsbezogenen Deutschkursen (§ 45a AufenthG i. V. m. § 4 DeuFöV). Quelle: GGUA Münster ˜ Neue Anwendungshinweise zum FEG Das BMI hat am 6. August neue Anwendungshinweise zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz veröffentlicht. Darin sind einige positive Klarstellungen enthalten, u.a:

Die Orientierungshöhe der Lebensunterhaltssicherung bei § 16a für betriebliche oder schulische Ausbildung ist um 29 Euro geringer als bisher

Die Frage, ob eine Qualifikation zur Ausübung einer Beschäftigung als Fachkraft „befähigt“, liegt in erster Linie in der Beurteilung durch den Arbeitgeber: „Hat der Arbeitgeber mit seinen Angaben im Vordruck „Erklärung zum Beschäftigungsverhältnis“ bestätigt, dass er die ausländische Fachkraft mit dem vorhandelnden Berufsabschluss für die beabsichtigte Tätigkeit einstellen will, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die ausländische Fachkraft durch ihre Qualifikation zur Tätigkeit befähigt ist.“ Daneben sind an vielen anderen Stellen Klarstellungen und Konkretisierungen vorgenommen worden.

Weitere Details hier: https://www.frnrw.de/themen-a-z/informationen-zum-anspruch-auf-grundsicherung-und-zugangsmoeglichkeiten-zu-integrationskursen-fuer-afghanische-ortskraefte.html



4. Das neueste Sozialrecht Justament zur »Angemessenheitsfiktion« bei den Unterkunftskosten im SGB II und SGB XII
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Der Kollege Bernd Eckardt widmet sich in seiner September-Ausgabe der sog. »Angemessenheitsfiktion« bei den Unterkunfts­bedarfen im SGB II und SGB XII. Diese muss bei Bewilligungszeiträumen, die zwischen dem 1.3.2020 und 31.12.2021 beginnen, angewendet werden. Nach ihr gelten die tatsächlichen Unterkunftsbedarfe als angemessen. Die Jobcenter setzen die »Angemessenheitsfiktion« restriktiv um. Das restriktive Ver­waltungshandeln wird mittlerweile durch die Rechtsprechung der Landessozialgerichte korrigiert. Streitfragen sind insbesondere die Anwendung im Falle einer Neuanmietung. Strittig sind aber noch weitere Fragen, wie die Gewährung von Kautionsdarlehen, wenn die Wohnkosten der neuen Wohnung nur aufgrund der »Angemessenheitsfiktion« anerkannt werden. Das Thema ist komplizierter als es auf den ersten Blick zu sein scheint. Die Darstellung der wichtigen Fragestellungen rund um die »Anerken­nungsfiktion« geschieht anhand der Weisungen von Jobcentern und der aktuellen Rechtsprechung im SGB II. Leider wird diese Rechtsprechung auch in der Beratung oftmals zu wenig beachtet. Die Darstel­lung bezieht sich auf das SGB II, ist aber direkt auf das SGB XII übertragbar. Die hier maßgeblichen Sonderregelungen aufgrund der COVID-19-Pandemie sind in § 67 Abs. 3 SGB II und § 141 Abs. 3 SGB XII identisch.
Hier zum Download: https://sozialrecht-justament.de/data/documents/SJ-09-2021.pdf

5. Unionspolitiker fordern Arbeitsdienst für Langzeitarbeitslose, besonders zum Laubfegen oder Müllsammeln
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Über die BILD wird die Forderung von CDU-Chefs von Hamburg und Sachsen-Anhalt sowie der CDU-Fraktionsvorsitzende von Berlin die Forderung nach einem Arbeitspflichtdienst für Erwerbslose verbreitet. Menschen „die Leistungen vom Staat erhalten und nicht bereit sind, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren“, sagte der CDU-Vorsitzende von Sachsen-Anhalt, Sven Schulze könnten etwa Laub fegen oder Müll sammeln.  „Fördern und Fordern ist der richtige Ansatz, den wir auch in Deutschland weiter ausbauen müssen“, so Schulze.

Damit stellt die CDU und CSU vollkommen klar, dass sie für eine konsequente Fortsetzung des Hartz IV-Sanktionsregimes, welches vom Bundesverfassungsgericht am 9.11.2019 als noch teilweise verfassungswidrig gerügt wurde, fortführen wollen.

Solche Arbeitsdienste sind komplett abzulehnen, denn es handelt sich schlichtweg um Zwangsarbeit. Diese Arbeitsdienste verstoßen gegen internationales Recht und gegen die Menschenwürde. Außerdem vernichten sie Arbeitsplätze und führen zu Lohnkürzungen.
Statt so einem populistischen Mist, ist vielmehr eine konsequente Förderung in Weiterbildung und Umschulung von Erwerbslosen zu fordern. Außerdem die Unterstützung bei den tatsächlichen Problemen, die einer Arbeitsaufnahme entgegenstehen, wie z.B. Führerschein, Kfz-Kauf, PC Kauf oder auch nur Reparatur oder die Übernahme der Kosten für eine Brille.
Außerdem muss es möglich sein, mit dem Lohn den Lebensunterhalt finanzieren zu können, das bedeutet Einführung eines Mindestlohn von 13 EUR/Std netto.

Artikel zum Politikervorschlag: https://t1p.de/s84g
Stefan Sell dazu, immer vor Wahlen kann man sich auf den Griff in die Mottenkiste verlassen: Zur Forderung nach einem Arbeitsdienst für Langzeitarbeitslose und andere Menschen: hier zu finden: https://t1p.de/glel

7. Entwurf der geplanten RegelbedarfsfortschreibungsVO (RBSFV 2022) vorgelegt
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Nun hat die Bundesregierung auch die geplante RegelbedarfsfortschreibungsVO vorgelegt. Dass die Regelbedarfe zu niedrig sind, habe ich ausführlich im letzten Newsletter dargestellt. Dem ist nichts hinzuzufügen. 
Mit der Verordnung wird damit die Höhe der Grundsicherungsansprüche für etwa 6,9 Millionen Beziehende von Grundsicherungsleistungen festgelegt. Ebenso die der SGB XII- Leistungen beziehenden, derjenigen die Jugendhilfeleistungen erhalten und derjenigen die Leistungen nach dem AsylbLG erhalten. Die Festlegung wirkt sich darüber hinaus auch auf alle Steuerzahlenden aus, weil die Höhe der Regelsätze und die Festlegung des steuerfreien Existenzminimums verbunden sind.

Hier nun der Entwurf: 
https://t1p.de/1vgz

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